Mitmachen

Adbusting – kann man da mitmachen?

Wenn Aktivist*innen Werbeposter aus einem politischen Antrieb heraus verändern, nennen sie dies Adbusting. Dabei gestalten sie entweder schon existierende Werbung um und versehen sie mit neuen Slogans, oder die Adbuster*innen fertigen ein vollkommen neues Plakat an, das die Werbung ersetzt.

Im folgenden Text gebe ich einen Eindruck, wie individuell die Gestaltung von Adbusting-Aktionen ist, sodass du deine eigenen Fähigkeiten einbringen kannst. Außerdem gehe ich darauf ein, wie du selbst Aduster*in werden kannst. Das ist nämlich einfacher, als du vielleicht denkst, wenn du dich traust, auf Leute zuzugehen.

Adbusting ist neben anderen Aktionsformen ein weiteres Werkzeug, um den Diskurs im öffentlichen Raum mitzugestalten. Es kann mit anderen Aktionsformen kombiniert werden, speziell mit weiteren Formen von Kommunikationsguerilla. Auch wenn die Aktionen an sich harmlos sind, versuchen die Behörden, z. B. die Polizei, Adbusting wegen angeblichen „Schweren Diebstahls“ oder „Sachbeschädigung“ zu kriminalisieren.

Warum sollte ich mitmachen wollen?

Ein entscheidendes Argument für diese Aktionsform ist das hohe Maß an Individualität. Aktionen werden von Einzelpersonen oder in Kleingruppen, die einer Bezugsgruppe ähneln, geplant und durchgeführt. Die Kreativität und die individuellen Stärken der einzelnen Mitglieder bestimmen das Ergebnis der Aktion. Und es ist relativ Corona-sicher im Vergleich zu z.B. großen Demos.

Kreativität ist an verschiedenen Stellen gefragt: Bei der Findung einer Strategie für die Aktion, auf sprachlicher Ebene, z. B. für Wortspiele – Satire wirkt oft besonders stark –, aber auch handwerklich und künstlerisch kannst du dich ausprobieren. Du kannst dir neue Techniken und vieles mehr einfallen lassen.

Du hast Spaß daran, dich zu verkleiden und zu schauspielern? Du kannst dir – abseits der Diskussion, ob es cool oder uncool ist – eine Warnweste anziehen. Das verleiht dir Autorität und stärkt deine Rolle als Plakatierer*in. Leute, die dir im Weg stehen, hören auf deine Anweisungen, was du wiederum nutzen kannst, um deine Rolle authentisch darzustellen.

Eine therapeutische Komponente existiert auch: Frust über systematische Ungerechtigkeiten und scheinheilige Werbeversprechen staut sich zwangsläufig über die Zeit an. Die Verarbeitung dieser Themen alleine oder in der Gruppe, die Erschaffung eines Produkts, der Adrenalin-Ausstoß beim Plakatieren und die Reaktion darauf erzeugen ein stärkendes Gefühl. Vorsicht! Dieses Gefühl kann abhängig machen. Im schlimmsten Fall fängst du an, aus dieser Sucht heraus unvernünftige Entscheidungen treffen.

Verbesserte Poster sind unter anderem deshalb bei Betrachter*innen beliebt, weil sie sich zwischen der ganzen anderen Werbung mit ihrer Meinung vertreten fühlen und sich deshalb über eingebaute Witze oder das Design freuen können. Sie werden Dir für deine Aktion dankbar sein. Für alle Betrachter*innen trifft das übrigens nicht zu. An den Repressionen von LKA, Verfassungsschutz (BfV), Gemeinsamem Extremismus- und Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern (GETZ) und dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) zeigt sich, wie sehr sich die Beamt*innen über den Inhalt der Plakate ärgern. Aber gerade das zeigt, dass der Inhalt des Plakats diese Menschen erreicht. Schaffst du es, die richtigen Leute zu ärgern, verstricken diese sich vor Wut in lächerlichen Handlungen.

Wie komme ich dazu/wie kann ich mitmachen?

Du bist davon überzeugt, dass Adbusting großartig ist und möchtest selbst Adbuster*in werden? Dann ist die große Frage, wie du am besten einsteigen kannst.

Der leichteste Weg ist, sich einer schon bestehenden Adbusting-Gruppe anzuschließen. Das hat den Vorteil, dass du von den Erfahrungen profitierst und sofort mit der nötigen Ausrüstung ausgestattet werden kannst. Oft posten Gruppen ihre Aktionen auf Social Media-Plattformen wie Twitter unter #Adbusting oder Open-Publishing-Plattformen wie Indymedia z. B. unter dem Thema ”Militarismus”. Darüber sind oft Kontaktdaten zu finden. Guck dich nach Adbusting- oder Kommunikationsguerilla-Workshops und Veranstaltungen um. Die Vortragenden sind vielleicht nicht in deiner Stadt aktiv, aber kennen sich in der Adbusting-Szene besser aus und können dir Tipps geben. Generell gilt: wenn du einen Kontakt hast, dann schreib oder sprich ihn an. Viele Kollektive freuen sich darüber, dass du sie ansprichst und mitmachen willst. Nur während einer Aktion solltest du Adbuster*innen nicht ansprechen. Sie stehen unter Adrenalin und stecken in ihrer Rolle als offizielle Plakatierer*innen.

Wenn das für dich nicht in Frage kommt, z. B. weil es keine aktive Gruppe in deiner Nähe gibt, kannst du dich mit Freund*innen zusammentun. Ihr könnt euch hier das nötige Einstiegswissen aneignen: maqui.blogsport.eu/2019/ 01/03/wie-oeffnet-man-werbevitrinen/. Auch hier gilt: Schau dich nach Workshops und Veranstaltungen um. Schreib Gruppen über deren Kontaktdaten an. Stell Fragen und bring die Antworten in deine eigene Gruppe ein. Aktionen in einer Gruppe durchzuführen hat die Vorteile, dass beim gemeinsamen Brainstormen interessante Ideen entstehen, ihr größere Aktionen in weniger Zeit auf die Beine stellen könnt und ihr euch bei Repressionen unterstützen könnt.

Wenn auch das nicht zu dir passt, z. B. weil du kein*e Teamplayer*in bist, kannst du auch alleine anfangen. Sei dir bewusst, dass dies der schwierigste Weg ist. Eigne dir das Wissen an (s. o.), frage Leute nach ihren Erfahrungen (s. o.) und taste dich langsam an die Sache heran. Sichere dich ab, wenn du alleine plakatierst, z. B. für den Fall, dass deine Rolle auffliegt.

Wie bastle ich ein Adbusting?

Zuerst: Alle Arbeitsschritte inkl. des Einkaufs machst Du nur mit Handschuhen. Die Extremist*innenjäger*innen sammeln (noch) standardmäßig Fingerabdrücke auf beschlagnahmten Postern.

Zutatenliste (du brauchst):

  • eine Rolle Plotterpapier
  • Express-Holzleim
  • pinke Abtönfarbe oder einen Farbdrucker
  • Sprühkleber oder doppelseitiges Klebeband
  • Warnwesten

Schau zuerst diesen Link an:
http://maqui.blogsport.eu/2019/01/03/wie-oeffnet-man-werbevitrinen/

Dort erfährst Du, wie die Werbevitrinen mit Rohrsteckschlüsseln aus dem Baumarkt geöffnet werden.

Aber wie macht man nun ein Poster?

Plotterpapier als Träger

Ein City-Light-Poster, dass in einer Werbevitrine hängt, hat eine Höhe von 175 cm. Und es ist 118 breit. Besorge dir aus dem Papierladen eine Rolle Plotterpapier, dass mindestens 116 cm breit ist (der fehlende Zentimeter auf jeder Seite stört nicht. Im Gegenteil, er ist sogar ganz praktisch, wenn Du beim reinhängen das Poster etwas zu schief in die Vitrine machst. Schneide die Papierbahn auf das richtige Maß zu.

Poster gestalten

  • Wenn du gut malen kannst, kannst du das Papier selbst bemalen. Das ist sehr schön (wenn man es kann) und dauert aber recht lange.
  • Du kannst Stencils machen um Sprüche auf die Poster zu sprühen. Denn Poster mit Sprühfarbe sehen super aus, wenn es Dunkel wird, und Deine Werbevitrine von innen beleuchtet ist.
  • Ein andere Methode ist kleben. Dabei gestaltest du die einzelnen Bild- und Textelemente am Rechner. Überleg dir, was aufs Poster soll. Mach dir eine Vorlage in der Größe von 175cm x 118cm. Lege da deine Grafik-Elemente und Textfelder drauf, bis du es gut findest. Jetzt erstelle für jedes Element eine Bild-Datei mit den originalen Abmessungen. Jetzt besorg‘ dir ein Programm, dass deine Grafik in druckbare PDF-Seiten übersetzt. Dann legst du pdfs in der richtigen Größe an und kannst einfach zum nächsten Copyshop gehen und die Elemente ausdrucken. Farbige Elemente kannst du entweder farbig ausdrucken oder du colorierst sie anschließend mit Abtönfarbe ausmalen. Oder du kannst farbiges Papier zurechtschneiden und dort aufkleben – oder whatever Dir sonst noch so zum colorieren einfällt. Schneide bei allen pdfs den Druckrahmen ab, und klebe die einzelnen Elemente mit dem Express-Holzleim zusammen. Dann lege die Elemente auf das Trägerpapier. Wenn Du findest, dass die einzelnen Elemente an der richtigen Stelle liegen, klebe sie mit dem Expressleim fest. Drücke das Papier gut zusammen, denn der Expressleim reagiert sowohl auf Sauerstoff, als auch auf Kontakt. Klebe die Sachen sauber zusammen. Abstehendes Papier fällt auf Bildern wegen des Schattenwurfes mega auf. Der Expressleim ist wichtig, weil fast alle anderen Kleber (Bastelkleber, Kleister, Sprühkleber, diverse Klebebänder) beim Einrollen brechen. Dann rollst Du die Poster an der Werbevitrine aus, und deine Überkleber fallen einfach ab.
  • Siebdruck geht auch. Das macht besonders Sinn, wenn du sehr viele Poster machen möchtest.
  • Du möchtest Megalights mit Papier und Kleister neu designen? Ein weiterer guter Text für Adbusting mit Kleister: http://www.projektwerkstatt.de/media/text/kalender_2004_kal_kleben.pdf

Für den Einsatz vorbereiten

In den Vitrinen hat es sich bewährt, die Poster per Doppelseitigem Klebeband zu befestigen. Dafür klebst Du an jede (!) Ecke einen Streifen und ziehst kurz schonmal die Schutzfolie ab, damit das dann an der Vitrine alles schneller mit Handschuhen und unter Aufregung geht. Zum Schluss die Schutzfolie wieder draufpappen und die fertigen Bustings transportfähig machen.

Werbevitrinen öffnen?

Wie Du die Werbevirtrine öffnest, erfährst du wie gesagt hier:
http://maqui.blogsport.eu/2019/01/03/wie-oeffnet-man-werbevitrinen/

(der Link ist vom Verfassungsschutz (BfV) und dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) auf seine Wirksamkeit geprüft worden. Siehe hier, S. 6, die Tabelle in der Mitte).

Das Poster aufhängen

Nachdem Du die Werbevitrine wie beschrieben geöffnet hast, rolle das darin befindliche Poster ein. Das geht gut, wenn Du es an der Rückwand aufrollst und es erst im letzten Moment raus rupfst. Stopfe es irgendwo in den Rahmen, dann ist es kein Diebstahl (zumindest müssen sie sich dann mehr Mühe geben, dich zu kriminalisieren: „Wenn ich Ihnen ein Tipp gegen darf: Wenn man schon Plakate austauscht, dann nimmt man die Originale nicht mit.“ So begründete ein*e genervte Richter*in in Berlin im Herbst 2019 eine Einstellung https://www.neues-deutschland.de/artikel/1126842.adbusting-unschuldige-protestkunst.html ). Entweder Du hast das ganze mit doppelseitigem Klebenband wie oben beschrieben vorbereitet. Oder Du nimmst Sprühkleber, den Du in jede Ecke nicht gerade sparsam verteilst. Mach erst oben fest, dann ordentlich und sauber glatt streichen, dann unten festkleben.

Spuren vermeiden

Nochmal: Fasse alles Arbeitsmaterial nur mit Handschuhen an. Das vermeidet Fingerabdrücke. Von den Schlüsseln kannst du Fingerabdrücke mit Spüliwasser abwischen. Bei Papier geht das leider nicht. Wenn Du ganz paranoid bist, achtest du auch auf DNA-Spuren (Bundeswehr-Adbustings sind nach sorgfältiger Abwägung der Bundesregierung immerhin eine Bedrohung für die Sicherheit und die Interessen Deutschlands: (S. 13, Frage 21). Bastle nicht am Boden, sondern auf einer Arbeitsfläche oder einen Tisch. Mundschutz; Kopfbedeckung (Haare) und kein Essen und Trinken beim Basteln helfen auch ein bisschen gegen DNA-Spuren am Poster. Pass vor allem beim Kleben auf, was da alles so mit in der Klebe landet.

Viel Glück und lass dich nicht erwischen.